„Roadhouse“-Tour - Abschlusskonzert

Marc Amacher

HINWEIS: Die Stadt Roth hat als Betreiber der Kulturfabrik beschlossen, auch ab dem 3. April aufrund der hohen Inzidenzen die Maskenpflicht im Innenraum beizubehalten. Allerdings muss es keine FFP2-Maske sein, auch eine medizinische ist erlaubt. 2G Nachweise sind jedoch nicht mehr nötig!

Marc Amacher macht nicht Musik, er lebt Musik mit Leib und Seele. Der echte Blues, der originale Boogie-Woogie und der authentische Rock’n‘Roll des „Voice of Germany“-Finalisten gehen direkt unter die Haut. Bei seinem ersten Aufritt in Roth hat er seine brandneue Scheibe "Grandhotel" dabei.

Wer den Blues mal laut, erdig, intensiv und gerne auch etwas schräg mag, der liegt bei Marc Amacher goldrichtig. Dies ist spätestens seit Roadhouse deutlich – der höchst explosiven LP von 2019, mit der der eigenwillige Schweizer Musiker erfolgreich durch mehrere Länder getourt ist. Nach gut zwei Jahren meldet er sich nun mit voller Wucht auf dem internationalen Parkett zurück: Zusammen mit den Bandkollegen Norman Süsstrunk (Bass), Dave Flütsch (Drums) und Phipu Gerber (Gitarre) lotet Amacher auf Grandhotel die Grenzen des Blues aus.  
Die aufsteigende Kurve des Vollblutmusikers, ursprünglich aus dem Berner Oberland stammend, spiegelt sich im Titel des aktuellen Albums. Vor zwei Jahren hielt sich der Sänger, Gitarrist und Songschreiber im übertragenen Sinn noch im Roadhouse auf – in jener berühmt-berüchtigten, ländlich gelegenen Spelunke, in der allabendlich ausgiebig gefeiert wird. Die renommierte Classic Rock-Zeitschrift ROCKS wertete damals die „äußerst intensiven“ 13 Tracks auf Roadhouse als Ausdruck von Amachers „unbeirrter Liebe zum Blues.“ In einer Online-Rezension lobte Darkstars.de die „raue, tiefe Stimme“ von Amacher, die „coolen Gitarren“ sowie die Gesamtleistung einer „toll aufspielenden Band.“ Vor allem aber überraschten die gradinigen, ungeschliffenen Livetakes auf Roadhouse diejenigen Hörer, die den Schweizer bislang nur von seinen ersten, eher auf Hochglanz polierten Studioproduktionen oder durch seine Teilnahme an der beliebten Fernsehshow The Voice Of Germany im Jahr 2016 kannten. (Entgegen seiner Erwartung schaffte es der Sänger mit seiner Reibeisenstimme bis ins Staffel-Finale.)
Jetzt ist er samt Musikern ein Stück weiter in das zunächst luxuriös klingende Grandhotel gezogen. Wobei man eines an dieser Stelle unmissverständlich sagen muss: Die Band, die hier recht experimentierfreudig ans Werk geht, klingt gar nicht nach Abendgarderobe im prunkvollen Speisesaal, sondern viel eher nach einer zwanglosen Rock’n’Roll-Party im Hinterzimmer.
Die Partygäste werde zunächst unsanft mit einem Wachmacher begrüßt: Lauthals und mit donnernden Gitarren geben Amacher und seine Kollegen den Motörhead-Klassiker „Stay Clean“ zum Besten. Anschließend verweilen sie mit „Ride“ noch ein bisschen in der Hardrock-Ecke (hier ähnelt der Gesang AC/DC zu besten Bon Scott-Zeiten), danach aber schielen sie explizit in Richtung Stoner, angefangen mit dem etwas düsteren, knapp achtminutigen Titel „Devil.“ Hier liefert Amacher mit seinem Gitarrenkollegen Gerber einen ordentlichen Schlagabtausch, während Schlagzeuger Flütsch und Tieftöner Süsstrunk für ein breites Rhythmusfundament sorgen. Auf „STFU“ (ähnlich verzerrt und stonermäßig) folgt mit „Berlin“ ein experimenteller Höhepunkt: Hier weht eine abgefahrene Klangwolke vorbei, in der die Geister von Howlin‘ Wolf und Junior Kimbrough herum schweben.
Nichtsdestotrotz: Als darauf eine bedrohlich anmutende (und gelungene) Umarbeitung des Depeche Mode-Klassikers „Personal Jesus“ folgt, könnte man meinen, Amacher möchte sich auf Grandhotel bewusst von seinen Blueswurzeln distanzie-ren. Wenig später hat sich dieser Eindruck wieder relativiert: Die restlichen Stücke des Albums sind alle im Blues beheimatet, von den minimalistischen „Judgement Day“ und „Rocket Man Blues“ über das etwas jazzige „My Way“ bis hin zum „Diving Duck“, bei dem Amacher – wie bereits auf Roadhouse – einen altvertrauten Blues-song umstylt und sich so zu eigen macht.
Als die Party dann langsam ausklingt, nimmt man entspannt Platz auf dem Sofa und lauscht den chilligen Tönen von „Rocket Man Blues (Reprise)“ …  zwei Akkorde, die sich bis tief in die Nacht scheinbar endlos wiederholen – perfekt zum Ab-hängen und Abdriften – bis sie irgendwann im Morgengrauen verhallen.
„Ich wollte nie der schnellste Gitarrist sein oder derjenige, der ein Stück am besten 1:1 nachspielen kann,“ meint Marc Amacher. „Ich war immer auf der Suche nach Eigenständigkeit.“ Wenn dieses sein tatsächliches Ziel ist, ist er ihm bei seinem Aufenthalt im Grandhotel ein ganzes Stück nähergekommen. Amacher ist gewiss kein Nachmacher. Seine neue Musik ist weder 08:15 Blues, noch passt sie unbe-dingt in eine gängige Kategorie der Rockmusik. Sie ist lediglich die nächste Station eines neugierigen Musikers, der den Kitzel sucht und lieber unbetretenes Terrain als ausgetretene Pfade betritt.

Sonntag, 03. April 2022
Beginn: 20:00 Uhr
Ort: Kulturfabrik
VVK € 27,80 / AK € 29 / ZAC € 22,40

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